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Praktische Ausbildung PrA – «Die Förderung orientiert sich an den individuellen Möglichkeiten»

Menschen mit Lernschwierigkeiten fehlt oft der Zugang zu einem anerkannten Berufsabschluss. Sie können jedoch eine Praktische Ausbildung PrA absolvieren. Barbara Müller stellt das niederschwellige Angebot vor. Sie ist Leiterin Hauswirtschaft der Stiftung agilas in Bolligen.

Peter Brand

Begleitet die Lernenden engmaschig und sehr individuell: Barbara Müller.

Frau Müller, Sie bieten «Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf Ausbildungen in unterschiedlichen Niveaus» an. Welche Jugendlichen sind damit gemeint? Und: Über welche Ausbildungsniveaus verfügen sie?
Darunter verstehen wir Jugendliche, die eine Beeinträchtigung aufweisen – sei es kognitiver, körperlicher oder psychischer Art. Sie können meist keine Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt absolvieren. Wir begleiten sie engmaschig und sehr individuell auf ihrem Weg. Bei uns können sie eine zweijährige Praktische Ausbildung PrA absolvieren. Sind die nötigen Kompetenzen vorhanden und die gesundheitlichen Voraussetzungen gegeben, ermutigen wir die Jugendlichen, anschliessend eine berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest EBA zu absolvieren. Manchmal ist sogar eine berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis EFZ möglich. Wir verfügen über alle drei Ausbildungsniveaus.

Wie viele Jugendliche machen zurzeit eine dieser Ausbildungen bei agilas – und in welchen Bereichen tun sie das?
Neun Jugendliche absolvieren eine PrA in der Hauswirtschaft. Acht sind in einer EBA-Ausbildung, je eine Person in der Hauswirtschaft, im Betriebsunterhalt und im Service sowie fünf Personen in der Küche. Eine Person macht eine EFZ-Ausbildung im Service.

Ein Wort zur Praktischen Ausbildung PrA. Was ist das Spezielle an dieser Ausbildungsform?
Wie die Bezeichnung bereits andeutet, handelt es sich dabei um eine sehr praktische Ausbildung, die Menschen mit Lernschwierigkeiten offensteht. Die Ausbildung fokussiert stark auf die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen. Die Förderung orientiert sich an den individuellen Möglichkeiten – dies immer mit dem Ziel, die Lernenden fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Nach zwei erfolgreich absolvierten Jahren erhalten sie einen Kompetenznachweis, der Aussagen zu möglichen Einsatzbereichen macht.

Erfolgt die Ausbildung ausschliesslich in Ihrer Stiftung – oder arbeiten Sie auch mit anderen Ausbildungspartnern zusammen?
Wir bieten Verbundausbildungen an. Viele unserer Lernenden in der Hauswirtschaft absolvieren beispielsweise ihre Ausbildung im Verbund mit Kitas oder im Altersbereich. Während ihres Einsatzes erhalten die Jugendlichen bereits Einblick in den ersten Arbeitsmarkt. In dieser Zeit werden sie durch einen unserer Jobcoaches begleitet. Letztere sind auch Ansprechpartner für alle Fragen der Verbundpartner.

Ziel ist es, den jungen Menschen Perspektiven zu vermitteln und ihre Chancen für den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Wie geschieht das?
Zu einem durch die Stärkung der Selbst- und Sozialkompetenzen, zum anderen durch die Vermittlung der fachlichen Grundkenntnisse, die im ersten Arbeitsmarkt wichtig sind. Dazu tragen insbesondere die Verbundausbildungen und/oder Praktika im ersten Arbeitsmarkt ihren Teil bei. Auch die Arbeit der Jobcoaches wirkt sich förderlich auf die Ausbildung aus. Ihre Unterstützung ist während, aber auch beim späteren Start in den ersten Arbeitsmarkt sehr hilfreich. Dies alles zahlt sich aus: Unsere Jugendlichen konnten mehrheitlich in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Über welche speziellen Qualitäten und Kompetenzen verfügen Jugendliche mit einer PrA?
Über eine ganze Reihe. Sie sind es sich beispielsweise gewohnt, mit unterschiedlichsten Menschen zusammenzuarbeiten. Sie übernehmen zudem gerne repetitive Arbeiten und arbeiten mit Stolz und Motivation. In meinen Augen sind sie eine Bereicherung für jedes Team.

  • Praktische Ausbildung INSOS

  • Stiftung agilas

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