Im Büro vermisst er den Geruch von Schmieröl. Genauso würde er die Berufsbildung vermissen, ginge er in einem Jahr tatsächlich in Pension. Doch Beat Künzi – Mister Autoberufe des Kantons Bern – lässt ein Hintertürchen offen. Gut so.
Rolf Marti

Herr Künzi, in einem Jahr gehen Sie in Pension. Im Ernst?
Ja. Ich bin seit 35 Jahren in leitenden Positionen tätig. Da bleibt das Privatleben zu oft auf der Strecke. Das will ich ändern. Aber ich werde nicht von der Bildfläche verschwinden, sondern bin offen für Berufsbildungsprojekte wie die Entwicklung von Berufsbildern oder die Begleitung von Prozessen. Aber ich werde nur noch tun, was mir Spass macht, und froh sein, dass das Tagesgeschäft wegfällt.
Sie haben Ihre ganze Berufskarriere im Automobilgewerbe gemacht. Was war in diesem Gewerbe früher besser als heute – und umgekehrt?
Früher hatte man mehr Zeit fürs Zwischenmenschliche, weil die Arbeit weniger eng getaktet war. Heute gibt es mehr Innovationen, weil sich die Technologien rasant entwickeln. Das macht die Arbeit abwechslungsreicher.
Mit 40 Jahren haben Sie die Werkstatt gegen den Schreibtisch getauscht. Statt einer Garage leiteten Sie fortan die Sektion Bern des Auto Gewerbe Verbands Schweiz (AGVS). Wie oft haben Sie den Geruch von Schmieröl und Abgasen vermisst?
Oft. Ich geniesse es noch immer, in die Werkstatt zu gehen. Sie ist ein Stück Heimat für mich. Aber fast noch mehr vermisse ich den Kundenkontakt, den ich als Garagenleiter hatte.
Während zwölf Jahren waren Sie Mitglied des kantonalen Berufsbildungsrats, sieben Jahre davon als Präsident. Was macht dieses Gremium eigentlich?
Das habe ich mich anfänglich auch gefragt … (lacht). Der Berufsbildungsrat berät die Bildungs- und Kulturdirektion in strategischen Fragen der Berufsbildung, der Weiterbildung sowie der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung. Im Gremium sind Organisationen der Arbeitswelt, Bildungsinstitutionen, Weiterbildungsorganisationen, die Berufsberatung, die Wirtschaft und die Wissenschaft vertreten. Vielleicht kann man es so formulieren: Der Berufsbildungsrat ist die Nahtstelle zwischen Politik und Bildungspraxis.
Welches sind die drei Highlights Ihrer beruflichen Laufbahn?
Ein Herzensprojekt war und ist die Mobilcity. Ich durfte viel dazu beitragen, dieses Kompetenzzentrum für Auto- und Transportberufe aufzubauen. Ein zweites Highlight ist der Champions-Club, mit dem wir hoffnungsvollen Talenten die Möglichkeit bieten, sich unter professioneller Anleitung auf die SwissSkills vorzubereiten. Mit der Nutzfahrzeug-Mechatronikerin Sophie Schumacher hat es 2024 eine Absolventin dieses Programms bis zur Berufsweltmeisterin gebracht. Das eigentliche Highlight über all die Jahre war jedoch, dass ich durch meinen Beruf vielen interessanten Menschen begegnen durfte, die mit Leidenschaft an ihren Ideen und Projekten arbeiten. Dafür bin ich dankbar.
Ein paar Entscheidungsfragen mit kurzer Begründung: Auto oder Motorrad?
Das Auto ist mein Beruf, der Töff mein Hobby. Ich möchte weder auf das eine noch auf das andere verzichten.
Roman oder Sachbuch?
Roman. Ich mag Krimis – am liebsten solche mit kulinarischem Bezug.
Womit wir beim nächsten Begriffspaar wären: kochen oder essen?
Kochen! Ich bin weder Maler noch Musiker noch Schriftsteller. Also lebe ich meine Kreativität in der Küche aus. Ich freue mich, künftig mehr Zeit dafür zu haben. Aber ich speise auch liebend gerne in einem gediegenen Restaurant.
Die Gretchenfrage zum Schluss: Würden Sie wieder Automechaniker lernen, wo es doch bald «nur» noch Elektroautos gibt?
Definitiv. Das Garagengewerbe ist mein Ding. Ich habe in meinem Berufsleben fast alle Facetten davon kennengelernt – nur als Tankwart habe ich nie gearbeitet …
Zur Person
Beat Künzi startete mit einer Lehre als Automechaniker ins Berufsleben und bildete sich danach gezielt weiter. Er erwarb das eidg. Diplom als Automechaniker (HFP) sowie die Fachausbildung zum Automobilverkaufsberater. Beruflich arbeitete er im Kundendienst, als Werkstattchef und Berufsbildner, als Autoverkäufer und später als Geschäftsführer einer mittleren Garage. Mit 40 wurde er Geschäftsführer des AGVS Sektion Bern und des Bildungszentrums Autoberufe. Er prägte den Aufbau von Mobilcity mit und half, die Aktion «Rendez-vous-Job!» zu initiieren. Zudem engagierte er sich in der Berufsbildungspolitik, u. a. im Berufsbildungsrat des Kantons Bern.
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