Jeder vierte Lehrvertrag wird vorzeitig aufgelöst. Das geht aus der neuesten Erhebung des Bundesamts für Statistik hervor. Ein detaillierter Blick auf die Zahlen zeigt jedoch: Die Lage ist weniger dramatisch, als die Schlagzeile vermuten lässt.
Text: Rolf Marti
Im Sommer 2016 begannen 53 600 Lernende eine berufliche Grundbildung. Sie waren von 14 000 Lehrvertragsauflösungen betroffen – eine Quote von 26 Prozent. Klingt dramatisch, ist es bei genauerer Betrachtung aber nicht.
Erstens liegt die Zahl der Betroffenen bei 21 Prozent, weil 4 Prozent der Lernenden zwei oder mehr Vertragsauflösungen verzeichnen. Zweitens treten 80 Prozent erneut in eine Lehre ein. Insgesamt kommen so 90 Prozent aller Lernenden zum angestrebten Berufsabschluss.
Männer sind von Lehrvertragsauflösungen stärker betroffen als Frauen (23% bzw. 19%). Stärker betroffen sind auch im Ausland geborene Lernende (29%) sowie in der Schweiz geborene ausländische Lernende (25%. Schweizer Lernende: 20%).
Die höchsten Auflösequoten verzeichnen die Berufsfelder «Friseurgewerbe und Schönheitspflege», «Elektrizität und Energie», «Sport» und «Gastgewerbe» (über 30%). Besonders tief ist die Quote in den Berufsfeldern «Forstwirtschaft», «Wirtschaft und Verwaltung», «Chemie und Verfahrenstechnik» sowie «Tiermedizin» (unter 15%).
Die Ausbildungsberatung hilft
Zu den Gründen für die Lehrvertragsauflösungen macht die Statistik keine Angaben.
Eine ältere Studie aus dem Kanton Bern zeigt, dass meist mehrere Ursachen zur Trennung führen.
Berufsbildende nennen als wichtigste Ursache ungenügende Leistungen in Schule und Lehrbetrieb sowie mangelnde Leistungsbereitschaft. Lernende führen ungenügenden Leistungen in der Schule und Konflikte im Lehrbetrieb an.
Schliesslich kann eine falsche Berufswahl oder eine falsche Wahl des Lehrbetriebs zur Trennung führen.
Mit einer Lehrvertragsauflösung gehen auf beiden Seiten Enttäuschungen einher.
Für Lernende stellt sie eine besondere Herausforderung dar. Sie müssen den Rückschlag verdauen, sich neu orientieren und eine neue Lehrstelle finden.
Einige Auflösungen liessen sich vermeiden, würden die Parteien rechtzeitig miteinander reden. In anderen Fällen ist es richtig, getrennte Wege zu gehen. Wichtig ist, dass die Trennung in einem für beide Seiten fairen Prozess erfolgt.
Die Ausbildungsberatung des Kantons Bern steht den Parteien in beiden Fällen mit Rat und Tat zur Seite
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