Lehrbetriebe erhalten zuweilen Bewerbungen von Lernenden, die den Betrieb wechseln wollen. In diesem Fall sollten sie vor der Einladung zum Bewerbungsgespräch eine Frage klären: Wurde das Lehrverhältnis mit dem vorangehenden Lehrbetrieb aufgelöst?
Rolf Marti
Insbesondere in Lehrberufen mit vielen offenen Lehrstellen kommt es immer häufiger vor, dass Lernende den Lehrbetrieb wechseln – einige sogar mehrfach. Dafür kann es gute Gründe geben: einen Wohnortswechsel, ein schwieriges Verhältnis mit Mitarbeitenden, eine mangelhafte Begleitung durch Vorgesetzte usw. Problematisch wird es, wenn sich die Lernenden ohne triftige Gründe bei anderen Lehrbetrieben bewerben – also lieber ein Bewerbungsschreiben verfassen, anstatt ihre Bedürfnisse oder Vorbehalte gegenüber dem aktuellen Lehrbetrieb anzusprechen. Die Lernenden entziehen dem Lehrbetrieb damit die Möglichkeit, die Situation zu klären bzw. eine gute Lösung zu finden. Dieser verliert so nicht nur eine Lernende bzw. einen Lernenden, sondern auch seine Bildungsinvestition.
Ein Akt der Fairness unter Lehrbetrieben
Lehrbetriebe, welche Bewerbungen von Lernenden erhalten, sollten daher nachfragen, ob die Lehrvertragssituation mit dem vorangehenden Lehrbetrieb geklärt ist. Wurde der Lehrvertrag formell aufgelöst? Wenn ja: auf welchen Zeitpunkt? Den Beleg für die Lehrvertragsauflösung sollten die Lernenden erbringen. Das Mittelschul- und Berufsbildungsamt bestätigt Vertragsauflösungen immer schriftlich. Lernende, deren Vertrag aufgelöst wurde, erhalten also ein Schreiben, welches sie ihrer Bewerbung beilegen können. Nur wenn klar ist, dass das Lehrverhältnis aufgelöst wurde, sollte eine Bewerberin oder ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich Lehrbetriebe gegenseitig Lernende abwerben – kein faires Verhalten.
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