Fachkundige individuelle Begleitung ist eine integrative Fördermassnahme. Sie kommt zum Einsatz, wenn der Ausbildungserfolg bei EBA-Lernenden in Gefahr ist. Coach Thomas Schmid begleitet solche Lernenden. Im Gespräch sagt er, wie er mit ihnen arbeitet und was sich mit dieser Begleitung erreichen lässt.
Peter Brand

Herr Schmid, Sie begleiten Lernende der zweijährigen Grundbildung. Was sind das für Lernende – und wie finden sie zu Ihnen?
Das sind Lernende, die in der Regel im zweiten Ausbildungsjahr stehen. Sie suchen mich auf, weil ihre Noten tief sind und darauf schliessen lassen, dass der Erfolg am Schluss der EBA-Ausbildung mit grosser Wahrscheinlichkeit ausbleiben wird. Der Anstoss zur Begleitung geht meist von den Lehrbetrieben aus. Sie fragen beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt MBA nach und dieses beauftragt dann beispielsweise mich mit der Begleitung. Ich arbeite in Burgdorf und berate Lernende aus der Region Emmental-Oberaargau.
Was geschieht, wenn Ihnen eine Person zugeteilt wird?
Ich schaue in einer ersten Beratung mit allen Beteiligten, woran es liegt, dass diese Person Unterstützung benötigt. Zu diesem Zweck gehe ich vor Ort in den Lehrbetrieb. Mit dabei sind in der Regel die berufsbildende Person, manchmal ein Elternteil und natürlich der oder die Lernende. Ich erkläre, wie ich als Berater arbeite und wie die Zusammenarbeit aussehen könnte. Aufgrund dieses Gesprächs verfasse ich einen Bericht zuhanden des MBA, in dem ich drei, vier vereinbarte Lernziele nenne. Sie zeigen auf, wie ich mit dieser Person konkret arbeiten möchte.
Arbeiten Sie in der Regel mit den Lernenden allein – oder ziehen sie bei Bedarf auch andere Personen mit ein?
Nach der Startsitzung arbeite ich mit den Lernenden allein. Aber ich lasse ihnen immer offen, jemanden mitzunehmen. Die Hürde, hierher zu kommen, ist meistens hoch. So gibt es Lernende, die am Anfang einen Elternteil oder die Berufsbildungsperson mitbringen. Da bin ich völlig offen. Aber das Ziel ist schon, dass die Lernenden allein kommen. Sie müssen Vertrauen in sich aufbauen können. Sie sollen selbstständig werden dürfen.
Wie helfen Sie weiter – können Sie ein Beispiel machen?
Angenommen, jemand hat Mühe mit dem Textverständnis. Wir gehen zusammen einen Text an und versuchen, die Code-Wörter darin zu finden, die die Aussage des Textes prägen. Die Person erlernt eine zielführende Markiertechnik. Es wird differenzierte Textarbeit geleistet. Damit mache ich gute Erfahrungen. Begegnen die Lernenden anderen Texten, können sie das Prinzip anwenden und das Geschriebene besser verstehen. Sie trauen sich plötzlich zu, Texte inhaltlich zu verstehen. Fast immer verbessern sich dadurch die Noten.
Wie häufig und wie lange arbeiten Sie mit jemandem zusammen?
Das MBA bewilligt in der Regel zehn Beratungsstunden. Das ist der Rahmen. Und es ist erstaunlich, was sich damit erreichen lässt. Wie der Begleitprozess konkret verläuft, ist individuell und orientiert sich an der Situation. Kommt jemand kurz vor dem Qualifikationsverfahren zu mir, halte ich die Sitzungskadenz hoch. Wenn ich Wert darauf lege, dass zwischen den Beratungen viel passiert, halte ich sie tiefer. Ich steuere das bewusst und arbeite mit den Lernenden sehr fokussiert hinsichtlich der Thematik, die sie zu mir geführt hat.
Wann betrachten Sie Ihre Arbeit als abgeschlossen respektive als geglückt?
Wenn wir die vereinbarten Lernziele erreichen. Gewöhnlich haben sich zwischenzeitlich die Noten verbessert und die Lernenden signalisieren mir, dass sie allein zurechtkommen. Ich staune immer wieder, wie wenig es braucht, um sie in den persönlichen Erfolg zu bringen. Bereits die Aufmerksamkeit, die ich ihnen schenke, bewirkt vieles. Sie merken, dass sie es wert sind, an sich zu arbeiten. Viele kommen deprimiert und eingeschüchtert zu mir. Sie entwickeln sich mit der Begleitung. Für mich sind es eindrückliche Begegnungen auf Augenhöhe.
FiB beantragen
Lehrbetriebe, die erwägen, FiB für eine Lernende oder einen Lernenden in der EBA-Ausbildung zu beantragen, setzen sich mit der zuständigen Ausbildungsberaterin oder dem zuständigen Ausbildungsberater in Verbindung. Im gemeinsamen Gespräch kann geklärt werden, ob diese Fördermassnahme im vorliegenden Fall sinnvoll ist.
Mit dem kostenlosen Newsletter-Abonnement verpassen Sie keinen Beitrag im Berufsbildungsbrief. Der Newsletter erscheint fünf- bis sechsmal pro Jahr.
Jede Woche erscheint in Berner Tageszeitungen der «Einsteiger» – ein redaktioneller Beitrag zu den Themen Berufswahl, Berufsbildung, Mittelschulbildung, Weiterbildung.